100 Meilen Kitz Alps Trail – ein Rennbericht

Max ist „a wuida Hund“, wie man hier in Bayern sagt. Seine Leidenschaft ist das Trailrunning und er liebt die langen Distanzen. In diesem Bericht erzählt er uns von seinem besonderen Erlebnis:

„Der längste Ultra Trail in Österreich war auch gleichzeitig der längste Lauf in meiner bisherigen Sportlaufbahn. Passend dazu werde ich jetzt wohl auch den längsten Rennbericht aller Zeiten verfassen. 

Die nackten Zahlen der Herausforderung des Jahres: 169 Kilometer und 9800 Höhenmeter in Auf- und Abstieg. Nachdem mein eigentliches Highlight, der Zugspitz Ultra Trail aufgrund von Krankheit und Streckenverkürzung eher unbefriedigend war, suchte ich nach einem Ersatz. Prompt konnte ich mir einen Startplatz für den KAT 100 bei einer Börse recht günstig sichern.

Glücklicherweise hatte Nico die glänzende Idee, dass ich die fünf Tage vor Ort doch in der Ferienwohnung seiner Familie in St. Ulrich am Pillersee verbringen könnte. Hier wurde ich von seinen Eltern im Vorfeld und von der ganzen Familie danach von vorn bis hinten umsorgt, vielen Dank dafür schon mal.

Am Donnerstagmittag holte ich meine Startunterlagen und fuhr zurück, um die drei Dropbags mit den mir wichtig erscheinenden Dingen zu füllen. Unter anderem Red Bull, Almdudler, Feuchttücher, Ersatzklamotten und und und. Danach noch mit Pfannkuchen bis oben vollstopfen, damit ich auch ja mit vollen Kohlenhydratspeichern am Start stehe. 2 Stunden vor dem Start ging es dann mit Petra und Anton Wittmann nach Fieberbrunn. Dropbags abgeben, Rennbesprechung über sich ergehen lassen, Fotos schießen usw. stand an. Kurz vor dem Start tauchte noch Nico mit dem Rennrad auf und wünschte mir auch noch viel Erfolg. Dann folgte um 18.00 Uhr der Startschuss. Hier war ich schon elf Stunden wach.

noch 24 Minuten zum Start

Die Taktik war von Anfang an ganz klar: 1. Gang mit angezogener Handbremse. Manche Läufer legten ein sehr gewagtes Tempo vor, wovon ich mich aber in keinster Weise mitziehen ließ. Ich stapfte in aller Seelenruhe den ersten Anstieg hoch und suchte mir schnell einen anderen Läufer zum Ratschen. So ging es nach und nach zum Wildseeloder hoch. Hier hatten wir 9km und 1250 Höhenmeter erledigt. Während dem Abstieg nach Hochfilzen wurde es dunkel und ich setzte meine Stirnlampe auf. Danach stand ein wenig anspruchsvoller Anstieg zur Buchensteinwand mit dem recht bekannten Jakobskreuz an. Alles in allem keine größere Sache, ich war recht bald wieder im Tal und lief recht bald ins Pillerseetal. Hier warteten Nico und Anton mit einer Tasse Kaffee auf mich. Sie begleiteten mich ein paar hundert Meter bis zu Verpflegungsstation in St. Ulrich. Danach ging es noch ein wenig bergauf und bergab bis nach Waidring, dem nördlichsten Punkt der Strecke und dem ersten Dropbag. Hier verpflegte ich mich wieder gut und hatte das große Glück, mich drei anderen Läufern anschließen zu können. 

Max im Anstieg

Zu viert nahmen wir den Anstieg Richtung Kirchberg in Angriff. In der Nacht zog sich der immer gleich steigende Weg ein wenig, aber wir blödelten und ratschten viel, also ging der Anstieg auch irgendwann rum. Ein wenig nach dem höchsten Punkt kamen wir zum Adlerspoint, einer kleinen Verpflegungsstelle. Hier waren schon 56km und 2750 Höhenmeter auf der Haben Seite. Jetzt wurde es auch langsam wieder hell und der Abstieg nach St. Johann lief wirklich sehr gut. Leider musste einer aus unserer Gruppe wegen Knieproblemen langsam machen, so dass wir nunmehr zu dritt weiter zogen. Nach der Verpflegung in St. Johann stand mal wieder eine fordernde Steigung an, das Kitzbüheler Horn. 

Auf dem Weg dorthin musste wieder einer aus unserer Gruppe einen Schritt langsamer machen, so dass Werner und ich fortan zu zweit unterwegs waren. Wir harmonierten sehr gut und kamen trotz brennender Hitze und wenig ansprechender Umgebung auf einer Skipiste gut voran. Irgendwann standen wir oben am Horn, wo auch wieder Nico mit dem Rennrad auf uns wartete, was jedes Mal einen riesigen Motivationsschub mit sich brachte. Der Abstieg war ähnlich unattraktiv wie der Aufstieg in diesem grausam verbauten Berg, aber wir kamen flott in Kitzbühel an. Hier wartete der zweite Dropbag und somit allerlei Schmankerl auf uns. Gut versorgt zogen wir nach etwa 20 Minuten Pause weiter und gingen Richtung Pengelstein. Auch hier war der Weg nicht sonderlich attraktiv und später sehr schwer zu laufen, so dass wir in diesem Streckenabschnitt sehr langsam vorankamen. Oben am Pengelstein waren es dann auch schon 98 Kilometer und 5600 Höhenmeter im Aufstieg. Der Abstieg zog sich auch noch mal gut in die Länge, aber irgendwann landeten wir in Jochberg. Hier entschloss ich mich dazu, in Nicos Caddy 15 Minuten zu schlafen, da ich schon sehr müde war. Werner zog derweil weiter. 

Max gönnt sich einen 15 Minuten Powernap

Nach dem Powernap war ich deutlich frischer und zog voller Vorfreude weiter Richtung Ziel. Es folgte ein langer und zäher Anstieg mitten in der aufziehenden Nacht und das Streckenprofil war ein wenig trügerisch. Eingezeichnet war ein Gipfel, schlussendlich stand ich an 4 Gipfelkreuzen. Ein Blick in eine eigens gegründete WhatsApp Gruppe ließ mich aber vor Freude weinen, da meine Fans so unfassbar motivierende Nachrichten schickten und voll mitfieberten. Der Abstieg nach Oberaurach lief dann wieder erstaunlich gut, ich konnte fast alles laufen. Hier sammelte ich auch Werner wieder ein. Wir entschlossen uns nochmal für 20 Minuten zu schlafen. Hierfür stellte uns eine Betreuerin ihr Auto zur Verfügung, herzlichen Dank dafür.

Ein bisschen fitter als davor ging es in Richtung letztem Anstieg. Dieser war unendlich lang und immer gleich steigend was mich recht schnell wieder sehr müde werden ließ. Nachdem ich einen kurzen Sekundenschlaf beim Gehen hatte, entschloss ich mich, nochmals 30 Minuten auf einer Bank am Berg zu schlafen. Werner zog weiter, wollte aber an der bald kommenden Verpflegung auf mich warten. Ich wachte mit Schüttelfrost und Zähneklappern wieder auf und hier half nur Bewegung. Also erstmal irgendwie humpeln und stolpern bis die Muskeln wieder einigermaßen warm wurden. Schließlich sammelte ich Werner wie verabredet an der Verpflegung wieder ein und zusammen ging es dann wirklich Richtung Ziel. Mittlerweile war es wieder hell geworden. Im Vorletzten Abstieg überholten wir noch Tina, die zweite Frau, die leider starke Schmerzen in Knie und Hüfte hatte und sonst deutlich vor uns ins Ziel gekommen wäre. Sie hat es aber durchgezogen, echt ganz stark!

Max am Wildseeloder

Bei uns war dann das Thema bergauf irgendwann erledigt und es ging vom Wildseeloder nur noch nach Fieberbrunn. Ich lief nahezu den kompletten Downhill und alle Flachpassagen, weil ich doch ins Ziel kommen wollte. Hier kamen die ersten Freudentränen. Den letzten Kilometer hatte ich ein ununterbrochenes Grinsen im Gesicht. So konnte mich auch eine 400 Meter lange extra Schleife durch Fieberbrunn nicht stören, da ich mich doch tatsächlich 100 Meter vor dem Ziel doch noch verlaufen hatte.

der Zieleinlauf nach 39:49:48 Stunden

Schließlich war es nach 39:49:48 Stunden soweit: Ich überquerte die Ziellinie und finishte somit meinen ersten 100 Meilen Berglauf. Überraschenderweise standen auch Andi und Tanja mit einer Pizza im Ziel, womit ich gar nicht gerechnet hatte, vielen Dank nochmal. Ich war einfach nur erschöpft und dankbar, dass das Rennen ein Ende gefunden hatte und steckte meinen Kopf in eines der aufgestellten Planschbecken. Nachdem wir ein wenig geratscht hatten, fuhren wir in die Wohnung, wo ich duschte und einfach nur noch völlig entkräftet ins Bett fiel.

im Ziel bedankt sich Max bei seinem Supporter Nico

Fazit: Ein 100 Meilen Berglauf ist auf jeden Fall eine große, aber doch auch machbare Herausforderung, die Zauberworte sind „hinten kackt die Ente“ und eine ordentliche und magenschonende Verpflegung. Sonst sage ich immer nach allen Wettkämpfen, dass ich so etwas nie wieder mache; dieses Mal wird schon der eine oder andere Lauf für nächstes Jahr in Betracht gezogen.“

Für`s Team Hypoxicum, Max

Link zu den Ergebnissen:

https://my3.raceresult.com/106332/?lang=de#0_DDF930